Titelthema: Halloween contra Allerheiligen
Bald ist es wieder so weit: Seltsame kleine und große Geister, Hexen und Untote streifen durch die dunklen Straßen, läuten an den Türen und lassen sich allenfalls mit Süßigkeiten bestechen, um bei den Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern keinen Unfug anzustellen. Ein Abend, dem viele mit Freude entgegenfiebern, weil sie sich ein bisschen gruseln und dabei Spaß haben wollen: Halloween. Dies kommt von „All Hallows‘ Eve“ und bedeutet so viel wie Vorabend vor Allerheiligen.
Es gibt allerdings viele Kritiker, die diesem „Schmarrn aus Amerika“ absolut nichts abgewinnen können und diesen gerne wieder dahin verbannen möchten, wo er ihrer Meinung nach herkommt. Auch wenn Halloween heute aus Amerika kommt, hat es seine Ursprünge in Irland und geht wahrscheinlich auf eine sehr alte keltische Tradition aus der Zeit vor Christus zurück. Der 1. November war bei den Kelten eines der wichtigsten Jahresfeste, das Samhain-Fest: man feierte das Ende des Sommers, dankte für all das, was der Sommer brachte und begrüßte den Winter. Allerdings glaubte man auch, dass am Vorabend dieses Festes die Tore des Totenreichs geöffnet wurden und die Toten ausgewählte Personen heimsuchten, die im folgenden Jahr starben. Aus diesem Grunde versteckten sich die Menschen hinter Masken.
Im 19. Jahrhundert fand armutsbedingt eine große Auswanderungswelle aus Irland und Schottland in die Neue Welt statt. Die Migranten nahmen natürlich viele ihrer Sitten und Bräuche mit, die sie zunächst nur unter sich feierten. Mit der Zeit eroberte All Hallows’ Eve die USA vor allem in Form von Halloween-Grusel-Parties.
Was verbirgt sich hinter Halloween und warum die gruselige Verkleidung?
Da es der Kirche mit der Christianisierung nicht gelang, die heidnischen Bräuche gänzlich zu verbannen, hat man diese häufig in christliche Bräuche integriert. So legte Papst Gregor IV um 830 nach Christus den 1. November als offiziellen Festtag für alle Heiligen fest. Am Tag darauf gedachte man aller Verstorbenen. Von da an glaubte man, dass an diesem Tag die armen Seelen das Fegefeuer verlassen und auf der Erde umherirren, was nicht weniger bedrohlich war, als der heidnische Aberglaube. Daher sah man es weiterhin als notwendig an, sich hinter schrecklichen Masken nicht nur zu verstecken, sondern die Seelen auch abzuschrecken.
Doch ein bisschen Karneval
Halloween kehrte im 20. Jahrhundert zurück und etablierte sich vor allem in katholischen Gegenden Europas. Der Vorschub ist dem Umstand zu verdanken, dass 1991 die Karnevalsumzüge und Karnevalsveranstaltungen wegen des Golfkrieges abgesagt wurden. Man stand allerdings vor folgendem Problem: Wohin mit all den Süßigkeiten, auf denen die Hersteller sitzen zu bleiben drohten? Eine diesbezügliche große Medienkampagne zeigte Erfolg, sodass für die Süßwarenhersteller Halloween nach Weihnachten und Ostern inzwischen der drittwichtigste Termin geworden ist. Es mag daher wenig verwundern, dass Halloween vor allem in den Gebieten, in welchen Karneval, beziehungsweise Fasching intensiv gefeiert wird, besonders viel Anklang findet.
Das Geheimnishinter dem Kürbis
Auch ausgehöhlte Kürbisse sind ein untrügliches Merkmal, dass Halloween vor der Tür steht. Was hat es mit diesen auf sich? Auch dieser Brauch stammt aus Irland. Dort lebte – so die Sage – der Geizhals und Trunkenbold Jack Oldfield. Dieser fing den Teufel und ließ ihn gegen das Versprechen frei, dass er niemals in die Hölle käme. Als er starb, wurde er weder im Himmel noch in der Hölle aufgenommen und irrte in der kalten und dunklen Welt umher, sodass der Teufel mit ihm Mitleid bekam und ihm eine glühende Kohle aus dem Höhlenfeuer schenkte. Jack steckte diese in eine ausgehöhlte Rübe und wandelte mit dieser Laterne am Tag vor Allerheiligen durch die Dunkelheit. Da es in den USA weit mehr Kürbisse als Rüben gab, wurden diese ausgehöhlt, mit Kerzen ausgeleuchtet und zur Abschreckung vor bösen Geistern vor den Häusern aufgestellt. Um die Geister milde zu stimmen, legte man Süßigkeiten dazu.
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Kommentar
Der Zahn der Zeit nagt an manchen Traditionen
Kommentar von Lydia Halbhuber-Gassner
Kritiker beanstanden, dass die katholische Tradition der Allerheiligen durch Halloween verdrängt wird. Auch die evangelischen Christen haben ein Problem mit Halloween, verdrängt es doch die Gedanken an ihren Reformationstag: Am 31. Oktober 1517 hat Martin Luther seine 95 Thesen an die Kirchentür der Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen, um den Ablasshandel anzuprangern. Er leitete damit die Reformation sowie die Kirchenspaltung ein.
Viele christliche Feiertage verlieren nicht zuletzt durch den Rückgang des aktiven christlichen Lebens in der Bevölkerung immer mehr an Bedeutung. Dies ist nicht ausschließlich Halloween anzulasten. In unserem auf Individualität bedachten Zeitalter ist möglicherweise ein kollektives Gedenken Toter nicht mehr zeitgemäß. Dies mag man bedauern. Aber Tradition ist nicht die Anbetung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.