Klinikum rechnet mit Millionendefizit für 2023

Klinikum rechnet mit Millionendefizit für 2023
Modulstationen auf dem Dach und zusätzlicher OP-Saal sollen Leistungsfähigkeit steigern

Ingolstadt, 15.02.2023. Das Klinikum Ingolstadt geht von einem Defizit von 13 Millionen EUR für
2022 aus, für das laufende Jahr rechnet es mit 20 Millionen als Fehlbetrag. Bis ins Corona-Jahr
2021 hatte das Klinikum schwarze Zahlen geschrieben. Mit den Ursachen und der weiteren
Entwicklung hat sich am Dienstag der Aufsichtsrat beschäftigt.

„Aktuell sieht der Wirtschaftsplan ein Defizit von 20 Millionen Euro für das Jahr 2023 vor. Wenn
sich die gesetzlichen Vorgaben nicht verbessern und sich eine weitere Verschlechterung der
Einflussgrößen ergibt, wäre auch ein weit höheres negatives Jahresergebnis denkbar“, warnt
der Aufsichtsratsvorsitzende, Ingolstadts Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf.

„Ingolstadt ist kein Einzelfall. Der Druck auf kommunale Krankenhäuser in Bayern und
Deutschland nimmt insgesamt dramatisch zu. Der Deutsche und Bayerische Städtetag weist seit
längerem energisch auf die finanzielle Schieflage hin. Trotz aller Anstrengungen der
Beschäftigten sowie der Krankenhausleitungen, insbesondere in der Zeit der Corona-Pandemie,
können die Krankenhäuser aufgrund der unzureichenden Finanzierung der stationären
Gesundheitsversorgung kaum noch ihre Kosten refinanzieren. Als Folge müssen viele Städte als
Träger zunehmend ihre Krankenhäuser stützen“, warnt Dr. Scharpf.

Seinen Appell fasst er in deutliche Worte: „Der Reformbedarf des bisherigen Systems ist hoch,
die Zeit drängt! Erforderlich ist in der jetzigen Situation:
(1) eine kurzfristige Sicherstellung der Liquidität der bedrohten Krankenhäuser durch den
Gesetzgeber. Die hierfür vom Bund angekündigten sechs Milliarden Euro müssen nun schnell
und unbürokratisch kommen.
(2) Es braucht vor allem eine umfassende Reform der Krankenhausfinanzierung. Hier gibt es
sehr hohe Erwartungen an die Bund-Länder-Gespräche hinsichtlich einer gesetzlichen
Krankenhausreform zur Mitte des Jahres.
(3) Die regionale Krankenhausplanung muss der Freistaat Bayern aktiv in die Hand nehmen und
ein Gesamtkonzept für die Krankenhausstruktur im Freistaat entwickeln. Die Träger in den
Städten und Landkreisen dürfen mit dieser Aufgabe nicht alleine gelassen werden.“

Die Vergütung der Krankenhäuser erfolgt über gesetzliche Vorgaben und kann nicht individuell
angepasst werden. „Die Fallpauschalen reichen kaum noch aus, um die seit 2022 stark
gestiegenen Kosten auszugleichen. Das betrifft Ausgaben für relevante Bereiche wie Personal,
Energie, Medikamente, Lebensmittel und Technik“, sagt Jochen Bocklet, Geschäftsführer
Finanzen und Infrastruktur, Personal und Berufsbildungszentrum Gesundheit. Zusätzlich seien in Folge der Corona-Pandemie durch verschiedene Einflussfaktoren die Fallzahlen in den Krankenhäusern gesunken, damit öffne sich die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben.

„Aufgrund vieler Unwägbarkeiten können noch keine belastbaren Angaben für die
wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr gemacht werden. Wir planen derzeit mit einem
Defizit von 20 Millionen EUR“, stellt Bocklet fest. Neben dieser Finanzplanung wurden
alternative Entwicklungszenarien im vergangenen Jahr entworfen, die weitere externe
Einflussfaktoren wie den Fortgang der Corona-Pandemie berücksichtigt haben. Das Worst-Case-Szenario geht von gravierenden Auswirkungen der Corona-Pandemie im Klinikalltag aus – zumindest danach sieht es derzeit aber nicht mehr aus.

Lebenswichtige Versorgungsstrukturen mit hohen Fixkosten
Hoch ist in den Krankenhäusern der Anteil an fixen Kosten, die unabhängig von der
tatsächlichen Nutzung anfallen. Allein die Personalkosten betragen im bundesweiten Schnitt 66
Prozent der Gesamtkosten (Stand 2019). Das Klinikum Ingolstadt hält in vielen Bereichen wie in
der Notfallklinik, in den Intensivstationen, im Zentral-OP und in den spezialisierten Einheiten für
Schlaganfälle und für Herzinfarkte rund um die Uhr lebenswichtige Versorgungsstrukturen vor,
um nur einige Beispiele für personalintensive Bereiche zu nennen.

Vorgaben des Gesetzgebers beeinflussen zusätzlich die wirtschaftliche Entwicklung: Große
Anteile der medizinischen Versorgung sollen aus dem stationären in den ambulanten Bereich
verlagert werden. „Dieser im Prinzip richtige Ansatz muss jedoch mit Augenmaß und adäquater
Finanzierung dieser Leistungen hinterlegt sein. Die Krankenhäuser benötigen Zeit, um sich auf
diese neuen Anforderungen baulich und personell einstellen zu können. Erfolgt diese
Leistungsverlagerung ohne adäquate Übergangsphase drohen den Krankenhäusern weitere
Erlösverluste“, bemerkt Dr. Andreas Tiete, Geschäftsführer Medizin, Pflege und
Informationstechnologie und Ärztlicher Direktor.

Verschiedene Maßnahmen sollen im Lauf des Jahres die Leistungsfähigkeit des Klinikums
Ingolstadt erhöhen. Auf dem Dach des Klinikums sind zwei Modulstationen mit insgesamt 40
Betten geplant, um die Kapazitäten für die stationäre Versorgung auszubauen. Außerdem plant
das Klinikum für dieses Jahr die Inbetriebnahme eines zusätzlichen OP-Saals im Zentral-OP.

Bundesweit haben die Krankenhäuser 2021 6,8 Milliarden Euro investiert, nur 47 Prozent davon
wurden öffentlich finanziert (laut Krankenhaus-Barometer). Zwar unterstützt Bayern im
Vergleich mit anderen Bundesländern stärker – trotzdem sind die Fördermittel bei weitem nicht
ausreichend. Das Klinikum Ingolstadt versucht aus Mitteln für die Krankenversorgung die
bestehende Lücke zu füllen und musste ein 3-Tesla-Magnetresonanztomograph (MRT) über
Kredit finanzieren, um eine umfassende und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung
sicher zu stellen. Gerät und Umbauten kosteten ca. 2,7 Mio. EUR. Patient*innen mit Verdacht
auf Hirntumore, Demenz, Schlaganfall oder ein Prostatakarzinom können damit schneller und
genauer diagnostiziert und damit besser behandelt werden.

Das Klinikum Ingolstadt bietet als eines der größten kommunalen Krankenhäuser in Bayern die
Behandlung komplexer Krankheitsbilder in Wohnortnähe. Es fördert z.B. anwendungsbezogene
Forschung in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen. Über 3.800
Mitarbeiter*innen versorgen jährlich rund 100.000 Patient*innen in 21 Kliniken und Instituten.
Zum Klinikum Ingolstadt gehört eines der größten deutschen Zentren für psychische Gesundheit
in einem Allgemeinkrankenhaus.