Respekt für alle! Aktion von Queer Ingolstadt e.V. und Stadt
Queer Ingolstadt e.V. und Stadt setzen sich für Akzeptanz und Respekt für alle Menschen ein
Anlässlich des Internationalen Tags gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie haben Aktive des Vereins Queer Ingolstadt e.V. zusammen mit der städtischen Gleichstellungsstelle vielfältige Aktionen geplant. Entlang der Konrad-Adenauer-Brücke entspannen sich Regenbogen-Banner mit Sprüchen:
Respekt für alle! Liebe macht Familien aus! Vielfalt statt Einfalt! Ich bin Mensch! Mein Körper, meine Identität, mein Leben!
Die Banner werden ab Montag, 16. Mai, für eine Woche zu sehen sein und bieten vielfältige Motive für individuelle Fotos.
Am Dienstag, 17. Mai, findet um 19 Uhr in Kooperation mit der Stadtbücherei im Lesecafé der Bücherei eine Lesung statt. Aus dem Essay von Lann Hornscheidt „Gender – Was soll das ganze Theater?“ lesen die Stadträtin Steffi Kürten und Stadtrat Christian Pauling. Nach der Lesung besteht Möglichkeit zum Austausch, der mit einem kleinen Imbiss begleitet wird. Das Lesecafé ist rollstuhlgerecht erreichbar. Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung ist per E-Mail erforderlich: gleichstellungsstelle@ingolstadt.de
Weiter ist ein Video entstanden, das den Verein Queer Ingolstadt e.V. näher beleuchtet und persönliche Momente der Menschen einfängt. Das Video ist Teil der Video-Reihe „Gleichstellung im Blick“, die einen Einblick geben, sensibilisieren und Zusammenhänge für eine aktive Gleichstellungsarbeit aufzeigen sollen. Inzwischen sind acht kurze Videos zu sehen, thematisch behandeln sie zum Beispiel „sexualisierte Gewalt“, „Vielfalt“, „Gender Pay Gap“, „Frauen und Rente“, „Frauen beraten“ und jetzt auch „Queer* Ingolstadt e.V.“. Alle Videos sind unter www.ingolstadt.de/gleichstellung, dann weiter unter Videos/Veröffentlichungen, zu finden.
Die Aktionspartner wollen auf die Situation von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans-, inter- und queer-geschlechtlichen Menschen (LGBTIQ*) aufmerksam machen und ein Zeichen für die Anerkennung einer diversen Gesellschaft setzen. Der Regebogen steht mit seinen vielen Farben für die Vielfalt und Diversität unserer Gesellschaft.
Bürgermeisterin Petra Kleine unterstützt diese Aktionen sehr gerne: „Sichtbar sein und sicher sein, das muss für alle Menschen in unserer Stadt gelten! Die sexuelle Identität oder Orientierung darf nicht zu Gewalt und Diskriminierung führen, da müssen wir als Stadtgesellschaft allen Sicherheit geben, die in unserer Mitte leben und die reinholen, die am Rand stehen. Eine gendersensible Sprache trägt zur Sichtbarkeit unserer vielfältigen, queeren Stadt bei. Ein (gewalt)freies Stadtklima tut uns allen gut, es macht die Stadt stark und die Menschen, die in ihr leben.“
Steffi Kürten, Vorsitzende von Queer Ingolstadt e.V. und Stadträtin: „Was die Gleichstellung betrifft in Bezug auf die Queer Community ist sicherlich rechtlich und auch gesellschaftlich viel passiert, aber es ist noch reichlich Luft nach oben. Toleranz ist etwas, von dem man nie genug erwerben kann. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Veranstaltung am 17. Mai gut besucht wird. Ein Abend, bei dem man sich begegnen und miteinander beschäftigen kann. Nur wenn man weiß, worüber man spricht, wird das bis dahin Fremde sichtbar und gleichzeitig ein Stück weit vertrauter.“
Barbara Deimel, Gleichstellungsbeauftragte, ist es eine Herzensangelegenheit alle Gleichstellungsthemen voran zu bringen. So ist es für sie selbstverständlich, dass Sie sich auch für Aktionen zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie einsetzt. „Alle Menschen sind wichtig. Das Geschlecht darf keine Rolle spielen. Chancengerechtigkeit und Gleichberechtigung sollen alle erfahren. Gut ist, dass der weit überwiegenden Mehrheit unserer Gesellschaft dies ebenso wichtig ist.“ Leider wird queeren Menschen noch nicht überall offen und wertschätzend begegnet, zu oft – auch im Internet – sind sie feindseligen Kommentaren, Hass und (digitaler) Gewalt ausgesetzt. Zusammen sind sie zuversichtlich, dass die Akzeptanz von queeren Menschen in der Bevölkerung weiter steigt und Diskriminierungen entgegnet wird.
Die Erfolge in der rechtlichen Gleichstellung der LGBTIQ*-Menschen sind historisch betrachtet noch sehr jung. Selbst mit dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes 1945 endete die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen in Deutschland nicht. Mit dem von den Nationalsozialisten verschärften Paragraf 175 des Strafgesetzbuches, nach dem die Blickdiagnose „Homosexuell“ galt, wurden Homosexuelle weiterverfolgt. Die in der NS-Zeit begonnen Kastrationen und Eingriffe in das Gehirn wurden fortgeführt. Vor diesem Hintergrund war es schwierig, wenn nicht unmöglich, eine Identität als betroffener Mensch aufzubauen. Im öffentlichen Dienst, an Schulen und in der Bundeswehr wurden Homosexuelle entlassen. Erst mit den Emanzipationsbewegungen Ende der 1960-Jahre und von den Stonewall-Unruhen in der New Yorker „Christopher-Street“ ausgehend wurden Bewegungen und Szenen geschaffen, die an der strafrechtlichen Stigmatisierung rüttelten. Im Zuge der Rechtsangleichungen nach der Wiedervereinigung wurde erst 1994 der Paragraf 175 gestrichen. Noch 1998 wurde ein Gesetzentwurf, der eine Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zum Ziel hatte, abgelehnt. 2001 wurde dann die „eingetragene Lebenspartnerschaft“ eingeführt und erst 2017 die „Ehe für alle“ geschaffen. Mit der „Dritten Option“ steht seit 2018 Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, eine positive Geschlechtsbezeichnung zu. So kann heute neben dem Eintrag „weiblich“ oder „männlich“ im Geburten- und Personenstandsregister nun „divers“ eingetragen werden. Aktuell besteht rechtlicher Handlungsbedarf bei gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kindern, Regenbogenfamilien genannt. Immer dann, wenn die Familie nicht aus Vater, Mutter und leiblichem Kind besteht, entstehen für Regenbogenfamilien Nachteile. Dabei zeigen Studien der letzten Jahrzehnte, dass nicht die Familienstrukturen per se entscheidend für die gute Entwicklung von Kindern sind, sondern die Beziehungsqualität. Ganz wie in einem Spruch auf einem Banner auf den Punkt gebracht: „Liebe macht Familie aus!“.