SPD Ingolstadt stellt Devise für Kommunalwahlkampf vor
Die SPD will in Ingolstadt vor Ort sein, deshalb hatte man für die erste Pressekonferenz nach der Sommerpause am Freitag (13. September) anstatt der Geschäftsstelle auch ganz besondere Räumlichkeiten gewählt: Das Studio Famos in der Harderstraße 22.
Hier gewährten Christian Scharpf (OB-Kandidat der SPD Ingolstadt) und sein Team einen Einblick über die Ausrichtung ihres Wahlkampfes und anstehende Themen. Von denen wird man in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich zu Genüge hören.
Als Ingolstädter OB-Kandidat, der für viele Jahre in München tätig war und über den „beruflichen Tellerrand geblickt“ hat, hatte er es bisher nicht leicht. Dass Ingolstadt seine Heimatstadt ist, wurde oft außer Acht gelassen. Doch die SPD Ingolstadt steht geschlossen hinter ihm. Am 25. Juni 2019 wurde er mit 100% nominiert. „Die Zusammenarbeit mit Ingolstädter Genossinnen und Genossen sowohl in der Partei als auch in der Fraktion ist ausgezeichnet“, betont Scharpf.
Die letzten Monate nutzte Scharpf für zahlreiche Gespräche mit politischen Vertretern, Wirtschafts- und Sozialverbänden, Vertretern aus dem Kultur- und Sportbereich und vor allem mit Bürgerinnen und Bürgern. „Die Unzufriedenheit ganz vieler Menschen, sogar von CSU-Wählern, mit der Politik in Ingolstadt und mit dem politischen System machen deutlich, dass die Stadt einen politischen Wechsel braucht. Wir müssen alle an einem Strang ziehen. Bislang gibt es zu viele Streitigkeiten im Stadtrat“, betont er. „Die jahrzehntelange CSU-Herrschaft hat zu einem Politikstil geführt, den nicht wenige als ‚Gutsherrenart‘ oder als ‚Arroganz der Macht‘ bezeichnen“, ergänzt er.
„Politischer Neuanfang“
Für den vielfach geforderten „politischen Neuanfang“ benannte Christian Scharpf einige Themen, die, seiner Meinung nach, dringend angegangen werden müssen:
Stadtführung
Der Stadtrat soll stärker eingebunden werden. Fachreferate und Referenten sollen in ihrer Fachlichkeit durch mehr Selbstständigkeit und Verantwortlichkeit gestärkt werden. Stadtrats- und Verwaltungsarbeit müssen stärker verzahnt werden (z.B. durch die Bestellung von Verwaltungsbeiräten und Koreferenten).
Offenheit und Transparenz
Scharpf möchte einen Video-Live-Stream aus dem Stadtrat einführen: „Wer nicht übertragen werden möchte, kann dies sagen“, betont er. Stadtratsanträge sollen täglich in einem städtischen Newsletter veröffentlicht werden. Auch die Stadtratsprotokolle sollen online erscheinen.
Wirtschaft und Arbeitsplätze
„Die Bemühungen der Stadtführung, die Stadt als Wissenschafts- und Technologiestandort zu profilieren und auszubauen, zur Stärkung der Wirtschaft und zur Schaffung von möglichen künftigen Arbeitsplätzen, erkenne ich ausdrücklich an“, erklärt Scharpf. Allerdings habe eine verfehlte Liegenschaftspolitik dazu geführt, dass ein Spitzenunternehmen wie Dr. Wack als bedeutender Gewerbesteuerzahler das Stadtgebiet verlassen musste. Scharpf ziehe eine Wiedereinführung eines Wirtschaftsreferenten in Betracht, der gezielt die Wirtschaftsförderung intensiviert und sich vor allem auch um den Mittelstand kümmert. Man dürfe sich nicht nur auf „Steckenpferde“ fokussieren, sondern müsse sich auch für andere Bereiche, wie Soziales, Kultur, Amateur- und Breitensport und Mobilität interessieren. Er bezeichnete die Stadtpolitik in verschiedenen Politikbereichen als „mutlos und entscheidungsschwach“.
Öffentlicher Personennahverkehr
„Wer Auto fahren will, soll Auto fahren. Es geht nicht darum, jemanden zu bekehren oder zu bevormunden. Es geht darum, Angebote und Wahlmöglichkeiten zu schaffen, damit Bürger weniger Stau haben und schneller und bequemer von A nach B kommen. Der ÖPNV wurde in den letzten 20 Jahren von der Stadtführung total vernachlässigt“, so Scharpf. Er wolle im Busverkehr zum Beispiel werktags einen 15-Minuten-Takt und am Wochenende einen 30-Minuten-Takt realisieren.
Bezahlbares Wohnen
Die Schaffung von Wohnraum sei zwar der richtige Ansatz. Er müsse aber auch bezahlbar bleiben. Die Mietpreise seien in Ingolstadt seit 2005 um mehr als 50% gestiegen.
Vierte Donauquerung
„Die CSU versucht, sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen. Sie spricht von Nachhaltigkeit, die aber nichts kosten darf. Sie will eine Million Bäume pflanzen, die nicht einmal alle im Stadtgebiet liegen, aber gleichzeitig den naturgeschützten Auwald zerstören“, so Scharpf. Die vierte Donauquerung würde ohnehin keine maßgebliche Entlastung des Ingolstädter Verkehrsnetzes bringen.
Zweiter Grünring
„Die Salamitaktik muss aufhören, dass einmal da und einmal dort ein Stück abgezwackt wird. Der zweite Grünring muss planungsrechtlich abgesichert werden“.
„Bürgerkonzern“/Beteiligungsgesellschaften
Nach Scharpfs Auffassung könne eine Ausgliederung von kommunalen Aufgaben in Gesellschaften Sinn machen. Besonders dann, wenn Kommunen im Wettbewerb stehen – z.B. Kliniken oder Stadtwerke. Im Allgemeinen möchte er die Beteiligungsstruktur aber auf den Prüfstand stellen.
Kammerspiele/Theatersanierung
Das Thema Kammerspiele schleppe sich seit vielen Jahren dahin. „Diese Verfahrensdauer ist nicht mehr mit Vergabe- und Wettbewerbsverfahren zu rechtfertigen“, betont Scharpf.
Heilig-Geist-Spital
Die Rettung und Sanierung des Heilig-Geist-Spitals habe für Scharpf oberste Priorität. Zum Glück seien der Förderverein, Bürger, SPD und andere Oppositionsparteien in der Lage gewesen, den Standort an der Fechtgasse zu retten.
Ausblick
Mit der Stadtteiltour „Scharpf vor Ort“, monatlichen Sprechstunden im Ratschhaus und Präsenz bei Veranstaltungen in der Stadtgesellschaft wolle man weiterhin Bürgernähe demonstrieren. „Ich möchte nicht der Oberbürgermeister einer Partei sein, sondern ein OB für alle Ingolstädterinnen und Ingolstädter“, fasste Scharpf zusammen.
Das letzte Wort haben dann die Bürgerinnen und Bürger selbst: bei der Kommunalwahl am 15. März 2020.