Besuch bei Ingolstadts „krassester Waschanlage“
Nein, das ist kein Fracking, was hier veranstaltet wird. Und man sucht auch nicht nach Bodenschätzen. Auf dem künftigen IN-Campus Gelände ist der Boden der Schatz, auf den man baut. Und zwar nachdem jener Boden gründlich und in einem nahezu weltweit einmaligen Verfahren gereinigt worden ist. Im Boden fanden sich 900 Tonnen Schweröl, 200 Tonnen Leichtbenzin und 100 Kilogramm per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC).
„Es läuft wirklich gut,“ freut sich Rupert Ebner, Umweltreferent der Stadt Ingolstadt. Für ihn ist die Sanierung des ehemaligen Bayernoil-Raffineriegeländes ein echtes Vorzeigeprojekt. Die innovative Vorgehensweise gründet auf den Ideen des ehemaligen Geschäftsführers der Audi Stiftung für Umwelt GmbH, Dr. Dagobert Achatz. Anstelle einer 100prozentigen Sanierung des Untergrunds werden die Problemstoffe laut Ebner zu 80 Prozent aus dem Boden geholt (ausgeführt werden die Sanierungsareiten von der ARGE IN-Campus GbR, an der drei Fachfirmen beteiligt sind). „Gerade die letzten Prozent machen solche Sanierungen extrem aufwändig und teuer,“ so der Umweltreferent. Trotzdem erreicht man auf dem ehemaligen Raffineriegelände eine Einhaltung der Grenzwerte und eine Sicherung des Grundwassers – dank innovativer Methoden und neuester Technik:
Bei der Abstromsicherung holen neun Brunnen mit elektrischen Pumpen das belastete Grundwasser aus dem Boden. Eine Aufbereitungsanlage reinigt das Wasser zu über 99,9 Prozent von den Schadstoffen.
Foto: AUDI AG
Die Air-Sparging-Methode richtet sich gegen die leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffe, das sind Bestandteile der Benzinkraftstoffe. Durch hunderte Leitungen wird Luft in den Boden geblasen; sie nimmt die in Boden und Grundwasser gelösten Schadstoffe auf. Knapp unterhalb der Erdoberfläche wird die Luft durch Drainagerohre abgesaugt und gereinigt.
Um die PFC-Rückstände aus Löschschäumen und die Mineralölkohlenwasserstoffe (Reste des Schweröls) zu eliminieren, wird der belastete Boden ausgehoben. Dies geschieht in einem neuartigen, hochpräzisen Verfahren, indem hydraulische Rammen stählerne Waben in die Erde vibrieren. In der Summe holen sie 600.000 Tonnen Material aus dem Boden, vor allem den für das Gelände typischen Sand und Kies.
In einer Bodenwaschanlage werden die Schadstoffe mit Wasser vom Bodenkorn abgereinigt. Das Wasser läuft im Kreislauf über eine Aufbereitungsanlage, eine Anlage reinigt die entstehende Abluft. Mehr als 90 Prozent des angelieferten Materials wird wieder in die Wabenlöcher verfüllt, der Rest deponiert.
„Ohne diese modernste Technik müssten täglich etwa 50 Lkw den Aushub in eine Deponie fahren, jetzt sind es am Tag nur zwei,“ erklärt Rupert Ebner. Unabhängige Gutachter überwachen außerdem die Arbeiten und es findet ein stetiger Austausch z.B. mit dem Wasserwirtschaftsamt statt.
Projektleiter Bernhard Volz und Rupert Ebner beim "Zaungespräch"
Weil diese Wachanlagentechnologie so effektiv ist, wird überlegt, die Anlage nach Abschluss der Arbeiten am IN-Campus Gelände auch für andere Sanierungsprojekten in der Region anzubieten. Außerdem bewirbt sich die IN-Campus GmbH (Joint-Venture der AUDI AG und der Stadt Ingolstadt) mit dem Sanierungsprojekt für den Bayerischen Umweltpreis.